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Mittwoch, 2. September 2015

Der mit dem Licht spielt



Zugegeben, Pencil Quincy ist einer, den man auf der Bühne nicht so ganz schnell wahrnimmt. Eher so der etwas ruhige Typ im Hintergrund, ohne den aber vieles nicht laufen würde. Bei der Diamond Road Show findet man ihn am Bühnenrand, wo er zu zu Digger Barnes Country-Songs der eine wunderbare Licht- und Bildershow hinzaubert. Dazu ist auch noch für das Artwork der Barnes-Platten verantwortlich und hat auch für das Bei Roy/Bei Ruth in Neukölln einige Konzertplakate gestaltet. Bei ALTE SAU unterstützt er Jens Rachut am Schlagzeug und davon ab findet man ihn in vielen Projekten, auch wenn er dank der satten Zahl von Pseudonymen, nicht immer leicht auszumachen ist. Alles gute Gründe, um Mr. Quincy mal ein paar Fragen zu seinem Schaffen zu stellen.

Gary: Hallo Pencil, die Diamond Road Show von dir und Digger Barnes gibt‘s jetzt schon seit 9 Jahren, Würdest du sagen, dass ihr einen bestimmten Rhythmus entwickelt habt? Dass ihr sagt, im Herbst gehen wir auf Tour und vorher machen wir ein neues Programm?
Pencil Quincy: Es gibt immer so Phasen, wo wir ein bisschen mehr machen und dann ein bisschen weniger, wenn wir beide noch in anderen Projekten zu tu haben. Es gibt so was wie einen 2-Jahres-Rhythmus. Die letzten 6 Jahre war es so, dass Digger immer in etwa im Abstand von zwei Jahren drei Platten rausgebracht hat. Das hat sich dann immer angeboten, die Platten zu betouren. Das war dann oft im Herbst. wir haben aber nicht so einen strengen Masterplan, weil wir beide ja auch noch Theaterprojekte machen. Und ich habe noch eine Band und dann muss man immer wieder neu planen, wie es dann so passt.

G.: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, gemeinsam so ein Projekt von bewegten Bildern und Musik zu machen?
P.: Wir haben früher zusammen in Bands gespielt. Da habe ich Schlagzeug gespielt, eher so Krustenkram. Ich hab dann parallel so einem Kunstprojekt mit Itty Minchesta angefangen, die später das BEI ROY in Berlin ins Leben gerufen hat. Das Projekt heißt ATOMBUSENTRANSPORTE. Da habe ich dann einmal so was Ähnliches wie diese Magic Machine gehabt. Das hat Digger gesehen. Das war in der Zeit, wo er angefangen hat, solo so Singer/Songwriterzeug zu machen. Er fand das gut und ich habe gleichzeitig auch gemerkt, dass das gut zu so einer ruhigen Musik passt, weil man das mit der Art, wie ich Bilder produziere, ganz gemütlich machen kann. Dann haben wir angefangen was zu machen, weil wir auch wieder zusammen unterwegs sein wollten. Wir haben beide eine Vorliebe für Roadmovies und haben dann die Diamond Roadshow entwickelt.

G.: Glaubst du, dass viele Leute die Bilder der Diamond Roadshow gar nicht als zwei gleichwertige Teile sehen, sondern die Magic Machine Show als nette Lichtshow eines Digger-Barnes-Gigs?
P.: Es gibt da unterschiedliche Vorlieben beim Publikum. Es gibt Leute, die kommen wegen Digger Barnes und der Atmosphäre. Einige kriegen auch gar nicht mit, dass ich die Projektionen live und per Hand mache. Es kommen auch öfters Leute nach der Show und wundern sich und fragen, was ich da am Rand so mache und denken das ist so ein Flash-Film oder so was. Das ist die eine Fraktion. Dann gibt es die Leute, die eher kommen, weil sie sich für die Bilder interessieren, weil sie davon schon mal gehört haben. Ich glaube schon, dass Digger Barnes etwas mehr im Vordergrund steht. Darauf ist es mit ihm als Frontfigur ja auch angelegt. Manchmal ist es ein bisschen schwierig, es so anzukündigen, ob es ein Digger-Barnes-Solokonzert ist oder ob es sich um die Diamond Roadshow handelt. Wir versuchen das schon immer so zu sagen.


G.: Jetzt kann man sich natürlich fragen, warum du das denn alles nicht mit dem Computer machst? Was gefällt dir denn an dieser handgemachten Lichtshow mit Filmprojektor, Figuren und Plattenspieler am besten?
P.: Ich habe nicht generell was gegen Computer, aber gerade live finde ich das nicht so reizvoll. Weil ich auch aus so Bandzusammenhängen komme, mag ich live gern ein Instrument spielen, deswegen mach ich das so gern. Bevor der Film richtig da war, gab es so prä-kinematografische Shows, Da gab es so verschiedene Entwicklungsstufen und das ist sehr interessant für mich. Der ganze Weg von der Camera Obscura und der Laterna Magica bis hin zum Kino und Fernsehen. Die Laterna Magica war ja das erste Projektionsgerät, ähnlich wie ein Diaprojektor. Da haben die Leute schon schnell angefangen, ganz einfache Animationen zu machen. Da war schon das Bedürfnis da, dass sich das Bild bewegt. Dass es durch die Veränderung des Lichts lebendig wird. Das sind Sachen, die mich sehr interessieren. Das ist ja dann auch verlorengegangen. Es kamen dann Filmkameras und Projektoren und dann brauchte man live nicht mehr so zaubern. Es ist aber etwas anderes, was dann da rauskommt. Was man benutzt, hat ja schon Einfluss darauf, wie es am Ende aussieht. Oder welche Entscheidungen man trifft.

G.: Ist der Ablauf bei der Diamond Road Show immer derselbe oder improvisiert du auch mal?
P.: Es gibt so grobe Richtlinien, zu welchem Song ich welche Landschaften und Bilder ich aufmache. Aber ich habe relativ große Freiheiten, wie ich das dann beleuchte und in welchem Rhythmus sich was ändert. Das ist bei jeder Show schon immer so ein bisschen anders. Wenn man ein Instrument und einen Song spielt, dann hat man ja im Prinzip auch ein bisschen Freiraum, den Song mal so und an einem anderen mal so zu spielen. So ähnlich ist das eigentlich auch. Ich könnte mir jetzt nicht vorstellen, die Filme vorzuproduzieren, weil das vom Timing mit Digger schwierig wäre. Für mich ist es schon der Reiz, dass ich was mit den Händen mache, Lampen benutze, kleine Tricks machen kann. Ich finde es auch angenehm, dass es mich auf eine gewisse Art auch limitiert und ich versuche, in dem Rahmen alles Mögliche rauszuholen.

G.: Ich bin bisher nur auf von Lesereisen gewesen, war aber schon nach ein paar Tagen ziemlich erschöpft. Hast du einen Tipp, wie man das 1-2 Wochen durchsteht ohne hinterher total fertig zu sein?
P.: Es kommt immer drauf an, wie viel man sich zumuten will. Ich finde es aber sehr angenehm auf Tour zu sein, weil ich sonst in meinem Alltag sehr spontan reagieren muss, was ich mache, wegen Selbstständigkeit und so. Auf Tour ich immer ganz entspannt, weil dann klar ist: Der ist jetzt zwei Wochen auf Tour, wir haben jeden Tag einen Auftritt, vielleicht mal einen Off-Day, aber im Prinzip weiß ich jeden Tag genau, was passiert. Ich fahre dahin, dann baue ich auf, dann gibt es Soundcheck, irgendwann gibt’s was essen, dann spielen wir, dann schnack ich mit Leuten oder treffe alte Bekannte und am nächsten Tag geht es wieder von vorne los. Ich finde, das ist ein sehr entspannter Zustand.

G.: Warst du eigentlich schon mal in den USA und hast so einen richtigen Roadtrip gemacht?
P.: Ich war einmal in Kalifornien mit Itty Minchesta. Da hatte ich mit einem Electro-Trash-Punk-Projekt ein paar Auftritte. Das hat mir sehr gut gefallen. Mit Digger Barnes hat das noch nicht geklappt. Es gibt zwar immer so Connections, aber man muss sich ja auch leisten können, da zu touren. Das ist ja weniger kuschelig, als in Deutschland, wie ich gehört habe. Die paar Konzerte, die ich da gespielt habe, waren supernett. Aber das war nicht so, dass man das damit hätte finanzieren können.

G.: Was ist eigentlich Atombusentransporte?
P.: Atombusentransporte haben Itty Minchesta und ich 1999 gegründet. Am Anfang war das auch so eine Roadshownummer. Itty hatte sich einen LKW gekauft, in dem sie auch gewohnt hat, und den haben wir dann Atombusentransporte getauft. Wir sagen immer, das ist ein Forschungsprojekt, weil wir immer ganz viel ausprobieren. Am Anfang sind wir direkt auf Tour gegangen und hatten eine kleine Punkband. Mit der haben wir wirklich peinliche Punklieder zum Thema Sex gecovert. Wir hatten eine Videokabine, wo wir alternative Sexfilme gezeigt haben. Das war 1999, da hatten wir so ein großes Interesse an der Auseinandersetzung mit Genderfragen. Aus dieser ersten Tour sind dann andere Projekte entstanden. Das alles hat immer dieses Label Atombusentransporte. Dann hatten wir verschiedene Bands. In den letzten Jahren haben wir eher so Lecture-Performances gemacht. Da hat Itty dann gelesen und ich habe Bühnenbilder gebaut. Für mich ist das immer eine gute Gelegenheit, Sachen auszuprobieren. Es geht auch viel mehr darum, sich thematisch mit Sachen zu beschäftigen.

G.: Pencil Quincy, Dr. Legasto, Raoul Doré - Ich finde es ganz interessant, dass du gern Pseudonyme benutzt. Warum eigentlich so viele?
P.: Ich brauchte immer einen neuen Namen für das jeweilige Projekt. Gerade bei den Atombusentransportenm hab ich immer Masken und Kostüme benutzt. Es ging auch mal darum die Autorenschaft zu verwischen und das Spiel damit die eigene Identität zu wechseln. Das hat sich dann so eingespielt, dass ich verschiedene Namen habe. Mich nervt das manchmal selber manchmal mittlerweile, weil es schwierig ist, das zu unterscheiden: Wie heiße ich denn jetzt bei dem Projekt? Pencil Quincy ist auf jeden Fall sehr verbunden mit der Digger-Barnes-Geschichte. Und mit Leuten die einen Schnauzer tragen. Wobei ich selber keinen habe. Aber diese Schnauzernummer hat sich so ergeben.

G.: Wenn du in verschiedenen musikalischen Projekten unterwegs bist – ist es wichtiger, mit wem du Musik macht oder was das für Musik ist...?
P.: Das ging schon immer dahin, mit wem ich Musik machen will. Ich bin jetzt nicht auf eine Art von Musik eingeschossen. Wenn Ich allerdings Schlagzeug spiele, dann möchte ich gern was Punkrockmäßiges machen. Aber wenn ich an Projekten beteiligt bin, wo es um irgendeine Form von Auftritten geht, mit Projektionen oder bei Theaterprojekten, dann bin ich recht offen. Ich habe auch Bock, mich in Welten von anderen Leuten hineinzubegeben und mich auch in andere Themen reinzudenken. Ich versuche die Sprache der jeweiligen Leute zu verstehen. Deshalb habe ich immer verschiedene Projekte.

G.: Auf deiner Homepage findet sich die Info: Pencil Quincy ist beeinflusst von Otto Dix, Joe Coleman und David Lynch. Warum gerade diese drei?
P.: Fangen wir mal mit Otto Dix an. Für den habe ich mich begeistert, seit ich seine Bilder gesehen habe. Auch George Grosz finde ich super. Diese etwas bösartigen, karikaturhaften, schmuddeligen Sachen der 20er- und 30erJahre. Ich finde, dass das ein guter Weg ist, Hässlichkeit auszustellen, aber mit so einer gewissen charmanten Art. Das ist ja nicht menschenfeindlich, es hat ja oft trotzdem was Freundliches. Vielleicht weil es witzig und oft auch melancholisch ist. Joe Coleman kommt aus New York und steht in der Tradition von George Grosz. Der malt ganz feinteilige Bilder mit Weltuntergangszeug drauf. Ich würde den in der Lowbrow-Ecke verorten. Der hat das alles auch ganz performativ verpackt, kommt eher aus so einer Rock’n‘Roll-Ecke. Für das, was ich mit Pencil Quincy mache, ist der schon ein Einfluss.

G.: Und David Lynch? Warst du großer Twin-Peaks-Fan?
P.: Ja, Ich fand das schon gut. Es ist aber noch gar nicht so lange her, dass ich Twin Peaks geguckt habe. Den ersten Film, den ich von Lynch gesehen habe, war WILD AT HEART. Das war eine der wenigen VHS-Kassetten, die wir zuhause hatten. Den hab ich echt häufig gesehen, der hat mich ziemlich beeindruckt. Twin Peaks habe ich so bockig ignoriert, weil das alle geguckt haben. Das habe ich dann später geguckt und fand das ziemlich gut.

G.: Pencil, vielen Dank für das Interview!

Pencil Quincy im Netz

Gary Flanell

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