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Sonntag, 28. Oktober 2012

Hi Martha! - Martha High - Soul Overdue

Natuerlich war James Brown die coolste unter all den coolen Soultypen. Aber was waere der Soul Brother No. One gewesen, wenn er nicht immer eine ganze Schar von faehigen Background- saengerinnen mit dabei gehabt haette, die ihn aufs Beste unterstuetzt haetten?
Zumindest kann man sagen, dass Mr. Brown wusste, was er tat, als er 1964 die Girlgroup The Jewels mitsamt der jungen Martha Harvin mit auf Tour nahm - (und kann sich auch mal fragen, wie er sich wohl so als Juror in einer dieser unglaublichen Castingshows geschlagen haette - was ein Szenario: der Godfather of Soul, Dieter Bohlen und Thomas Gottschalk heben und senken die Daumen ueber all den seltsamen Gestalten, die sich da hintrauen) - woraus dann eine ueber 30 Jahre waehrende Zusammenarbeit von Martha High und James Brown entstand. Standing in the shadow of James moechte ich da leise summen und vielleicht war es auch so.
Da ist es natuerlich nicht ganz einfach, denkt sich der Skeptiker, sich nach so langer Zeit als eigenstaendiger Kuenstler zu beweisen. Allerdings macht die "Funky Diva" High nicht den Eindruck, als haette sie unter dieser "Buerde" gelitten - Soul Overdue klingt knackig und so zeitgemaess flott, wie man es sich wuenschen kann, und natuerlich weiss Martha auch, wie man echte Soulklassiker interpretiert. Denn wenn man genau hinsieht, stellt man schnell fest, dass ein Grossteil der Songs eben das sind - Ob die Originale jetzt von ebenjenem James Brown (No more heartaches), Aretha Franklin (Save Me) oder Curtis Mayfield (Save me) stammen. Nach drei Jahrzehnten Musikbusiness weiss Mrs. High natuerlich wie man diese Songs intoniert und eine Backingband wie das britische Expertenteam Speedometer weiss auch, wie man eine Soulqueen, die stimmlich immer noch auf der Hoehe ist, mit dem richtigen Groove begleitet. Also: so richtig ueberfaellig ist hier nichts, sondern alles verdammt richtig - Wirklich alles? Naja, ob es wirklich noch eine Coverversion von "Sunny" gebraucht haette, sei dahin gestellt, aber selbst darueber kann man hinwegsehen. Einen ganzen Batzen Soulhits nochmal in glasklarer, aber nicht seelenloser Produktion vorliegen zu haben, wiegt aber alles auf und sollte allen, die Sharon Jones fuer die einzige Soul-Regentin halten, als Empfehlung und Anregung dienen. (E) (Freestyle Records, www.freestylerecords.co.uk, www.myspace.com/missmarthahigh)

Samstag, 20. Oktober 2012

HA! HA! HA! XAXAXA!

Was fuer eine Freitagnacht - Und ich habe sie komplett miterlebt. Der Anlass war allerdings weniger erfreulich, denn da das geliebte Soulcat bald fuer immer seine Pforten schliesst, wird an diesem Wochenende zum letzten Mal gefeiert. Grund genug also, einen Augenblick mal etwas melancholisch zu werden und ein Traenchen verhuscht in meinen graugesichigen Milchkaffee tropfen zu lassen.
Aber auch fuer solche Tage (diese Tage, an denen man um 6 ins Bett wankt und um 15 Uhr langsam ein improvisiertes Fruehstuck aus drei glibberigen Spiegeleiern in sich reinschlingt. Am besten Spiegeleier, die in der gleichen Pfanne angebraten wurde, in der man gestern abend noch ein koestliches Gemisch aus Tomate, Huehnchen, Mais, Knoblauch angebraten hat, denn dann koennen die Spiegeleier noch gleich das verbleibende Aroma der letzten Mahlzeit voll in sich aufsaugen - sehr huebsch!) gibt es die passende Musik. Gluecklicherweise lag vor kurzem ein Packerl von Moonlee Records im Briefkasten. Hatte aber bis gestern noch nicht die Ruhe (wuerde gern Musse sagen, aber auf einer amerikanischen Tastatur ohne S-Zett sieht Musse entweder aus wie eine Muse - oder einfach Scheisse. Obwohl... so koennte es gehen: Musze halt), da mal ordentlich reinzuhoeren, aber heute war der richtige Tag dafuer.
Bei Moonlee-Releases geht eigentlich nie was schief, richtigen Mist hat das Label aus Slowenien eigentlich noch nie rausgebracht: ANALENA, BERNAYS PPROPAGANDA, sowas sind schon sehr gute Bands, sehr unterschiedlich, aber gerade das mag ich ja schon gern. Jetzt kommen also XAXAXA, Nebenprojekt von eben jenen BERNAYS PROPAGANDA aus Mazedonien, mit ihrer "Siromasni i bogati"-CD um die Ecke. Bin gespannt, ob das auch so in diese sehr rhythmische GANG-OF-FOUR/GOSSIP-Ecke geht. Faende ich irgendwie doof und zum Glueck ist es auch nicht so - Mann hab ich ein Glueck. Denn XAXAXA (das, by the way, kyrillisch geschrieben ist und somit eher wie ein gefauchtes HAHAHA ausgesprochen wird) sind auf ganz anderen Pfaden unterwegs. Eher auf jenen, die schon die WIPERS, LEATHERFACE oder HUESKER DUE beschritten haben. Wunderbar melancholischer Punk, meist im Mid-Tempo, fliegt mir hier um die Ohren, schoen abwechslungsreich und etwas latent CURE-maessiges ist irgendwie auch noch mit drin, vielleicht ist es der Gesang. Voll Emo denke ich, waehrend draussen ein paar Blaetter vom Baum purzeln, aber diese Art von Emo, die man mit der Silbe -CORE versehen muss und aus der Dischord-Ecke der End-80er kennt, um nicht in doofe Verwechslungen mit dem Mist zu geraten, der heute unter diesem Etikett vermarktet wird. Bei soviel seelenvoller, zerissener Huebschness faellt mir auch gar nicht weiter auf, dass ich kein einziges Wort von den mazedonischen Lyrics verstehe, aber da reicht schon der Ausdruck in der Stimme, um zu wissen, dass das hier richtig gut ist. Wunderbar! (D) (www.moonleerecords.com, xaxaxa.bandcamp.com)

Sonntag, 7. Oktober 2012

Destiny's new children

Sonntagnachmittag, halb vier. Der erste Kaffee kämpft gegen den letzten Cuba Libre von heute Nacht und scheint zu gewinnen. Draußen trölen die Herbststürme und haben ein bisschen jahreszeituntypische Musik ins Haus geweht, zufälligerweise zweimal was, das grob in Richtung Ska geht und gleichzeitig zweimal was von Destiny, die ja gar nicht weit von hier ihr Hauptquartier haben.

The Beatdown – Walkin’ proud
Garage Ska – gibt’s das? Und falls ja, was darf man sich darunter vorstellen? Vielleicht sowas, wie es diese Kanadier in zwei Tagen aufgenommen haben: Ska mit einem wirklich rauen Sound, wie man ihn irgendwann im Jahr 1964 oder so mit den neuesten Bandgeräten der Zeit nicht besser hinbekommen hätte. Die Snare knallt wie eine Peitsche, der Bass blubbert und die Gitarren sind so wunderbar schrill wie bei Sonics unterm Sofa. Aber dass das alles so schön "nicht schön" klingt und einen gewissen Rausch-Charme hat, ist bestimmt beabsichtigt, jede Wette. Bevor ich jetzt mit mir selber eine unsinnige und zeitraubende Diskussion anfange, wie vintage man denn sein und seine Retrospielchen treiben darf, will ich noch feststellen, dass ja nicht nur der Sound hier die Musik macht, denn auch Songs schreiben können The Beatdown. Natürlich klingt hier der old school Ska der 60er-Jahre durch, aber so ganz sind 50 Jahre Musikgeschichte dann doch nicht an ihnen vorbeigegangen. Man flirtet mit Surf und Rocksteady und das Songwriting an sich ist auch gar nicht so übel. Mein Favorit ist das etwas melancholisch rüberkommende „On the other side“ mit dieser wunderbaren Surfgitarre mittendrin – hat schon fast was von den Mad Caddies, Slackers oder Aggrolites in Lo-Fi. Also: Schön knarzig, das Ganze und doch nicht zu angestrengt auf dem Retrotrip unterwegs. Find ich gut. (G) (Destiny, www.myspace.com/jointhebeatdown)

The Offenders – Lucky enough to live
Weiter im Text. Muss ja zugeben, dass das ganze Red-Skin-Ding nie so meins war. Ist wie bei Rehen auf der Wiese: Von weitem beobachtet ist alles schoen und ich finde gut, dass es sie gibt, aber näher rangekommen bin ich nie so recht. Dabei ist die Musik ja oft nie so übel. Die Offenders aus Italien sind in diesem Revier schon länger eine Größe, was man ja auch immer ganz gut an dem Trojan-Logo erkennen kann (wenn man es denn kennt - da wäre vielleicht mal eine kleine Lehrstunde in Ikonographie fällig) und so richtig üble Platten haben sie bisher nicht abgeliefert, die meisten waren sogar abwechslungsreicher als ich es von irgendwelchen Skincombos erwartet hätte. So verhält es sich auch bei der Platte mit der lebensfrohen Musik und dem dazu total im Gegensatz stehenden Cover. Was ich den Herren hoch anrechne ist ihre Offenheit gegenüber anderen Stilen. Über 13 Songs sich in ein gleichförmiges Ska-Geschunkel reinzusegeln ist nicht ihr Ding, deswegen ist es umso erfreulicher, dass viele der Songs auch ganz wunderbare Pop-, Beat- und eben auch Punkeinflüsse drin haben. So fühl ich mich teilweise an The Jam, aber manchmal auch an The Clash oder gar die Blues Brothers erinnert. Jetzt sollte noch ein findiger Booker die Offenders mit Bobby Sixkiller auf Tour schicken, dann wär alles töfte. (H) (Destiny, http://theoffenders.eu)